2.1.09

Ist, im Grunde, alles ungewiss - und können wir daher niemals zu endgültiger Gewissheit gelangen?

Frage: Immer wieder wird die Sichtweise geäußert, dass alles, im Grunde, ungewiss ist, und dass es uns daher niemals möglich sein wird absolute, endgültige Gewissheit - bezüglich was auch immer - zu erlagen.
Und schon seit langem frage ich mich, ob diese Sichtweise vielleicht 'lediglich' ein intellektueller/ philosophischer Mythos ist, oder ob es tatsächlich zutrifft, dass für uns (Menschen/ Subjekte) absolute Gewissheit unerreichbar ist?!

Antwort: Besonders im Zusammenhang mit dem Sokrates-Zitat 'Ich weiß, dass ich nicht weiß!', wird die Sichtweise, dass absolute Gewissheit für uns unerreichbar ist, vorgebracht, und als (Quasi-)Beweis für ihre Zutreffendheit wird häufig darauf verwiesen, dass die Haupt-Quelle all unseres Wissens - unsere sinnliche Wahrnehmung - fehleranfällig ist, und wir uns somit, aufgrund der Unzuverlässigkeit unserer sinnlichen Wahrnehmung, niemals sicher sein können, inwieweit das, das uns unsere Wahrnehmung an Informationen vermittelt der Wirklichkeit/ Wahrheit entspricht - oder nicht.

So überzeugend die Sichtweise, dass wir absolut nichts sicher wissen können, anfänglich, auch klingen mag: Sie ist dennoch unzutreffend!
DENN: Es ist logisch widersprüchlich, einerseits zu behaupten, dass wir uns keiner einzigen 'Sache' absolut sicher sein können, und, GLEICHZEITIG, vehement einzufordern, dass die Sichtweise, dass es für uns niemals absolut sicheres Wissen geben kann, eine absolut zutreffende Tatsache, und damit, ein absolut zutreffendes Wissen ist.
Und: Bedingt durch diese Widersprüchlichkeit, führt sich die Sichtweise, dass wir absolut nichts sicher wissen können, selbst ad absurdum!

'Nur dann, wenn man etwas sicher weiß, kann man letztendlich auch sicher wissen, was man alles NICHT weiß!'

Oder: Anders formuliert:

'Jedes bewusste Nicht-Wissen, setzt eine bestimmte Menge ebenso bewussten Wissens voraus!'

Oder: Nochmals anders formuliert:

'Ohne bewusstes Wissen, kein bewusstes Wissen, um das eigene Nicht-Wissen!'

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich stimme dir vollkommen zu:Allein die Tatsache, dass wir wissen, dass unser Wissen nie ganz entschlüsselt werden kann ist ein sich wiederspiegelnder Gegensatz.
Doch auch wenn es auf diese Frage keine Antwort geben mag, was nun vollendete,abgesegnete Wahrheit letzenendlich ist,so reicht es meiner Meinung nach, wenn wir Menschen über bestimmte Dinge nachdenken.
Es ist doch spannender,wenn individuelle Ansichten bestehen bleiben,die andere wiederum zum Nachdenken anregen.
Hätten wir nur noch einen wahren Einheitsbrei,so bleibt die gedankliche Kreativität auf der Strecke.
Alles in allem bleibt die Frage:
Brauchen wir Menschen Wahrheiten überhaupt?

Genussdenker hat gesagt…

So seltsam es klingen mag, es ist nicht die Logik welche zur Lösung dieser Frage führt.
Der Umkehrschluss der Ausage nach welcher endgültige Gewissheit nicht möglich ist, jedoch selbst quasi absolute Gewissheit voraussetzt, entspricht ganz der Logik. Doch bereits an dieser Stelle muss man sich fragen, ob denn Logik einer Enität über Wahrheit entspricht. Ein logischer Schluss = wahr?

Fragen über Wahrheitsfindung sind stets erkenntnistheoretischer Natur.

Unser menschliches Verständnis über Wahrheit im Sinne der Gegenständlichkeit ist eine weitere Hürde dieser Grundsatzfrage.

"Eine Aussage ist entweder wahr oder nicht", so das verinnerlichte Credo der Logik. Doch was bedeutet dies in der Konsequenz, welche analytisch rekonstrierbar ist?
Oder scheint sie uns lediglich rekonstruierbar?

In der Gegenüberstelung von rekonstrierbarer Logik und Voraussehbarkeit offenbart sich der Mangel. Ein Mangel der jedoch kein Mangel bedeutet, sondern daher rührt, weil wir Menschen uns nützliche erkenntnistheoretische Methoden ausausbeiteten.
Selber bin ich davon überzeugt, dass allleinig eine erkenntnistheioretische Methode nicht zur Wahrheitsfindung führen kann. Wenn, dann lediglich in einer auf Gegenständlichkeit beschränkter, rekonstruierbarer Analyse.

Wahrheit ist stets holistisch wie zugleich auch reduktionistisch. Unsere Vorstellungskraft beschränkt die holistische Sicht auf die Wahrheit ebenso wie wir die Zusamenhänge verlieren sobald wir reduktionistisch zu trennend analysieren.

Anonym hat gesagt…

Hallo Genussdenker

Bis zu deiner Aussage "Fragen über Wahrheitsfindung sind stets erkenntnistheoretischer Natur." kann ich dir problemlos folgen. Bei deinen anschließenden Gedankengängen fällt es mir aber schwer. Was wolltest du sagen?

MfG Nikolaus2001

Genussdenker hat gesagt…

@Nikolaus2001 :

Nun, Logik ist eine der möglichen erkenntnistheoretischen Methoden. Analysieren wir zB Ereignisse in der Rekonstruktion, so erweist sie sich als die uns nützlichste.
Während dieser Rekonstruktion beschränken wir uns auf die einflussgebenden Faktoren, welche das Ereignis bestimmten.
Dabei findet zugleich auch ein Ausschluss statt, indem wir ja nicht-beinflussende Faktoren von der Analyse ausschliessen.

Doch, welche Faktoren schlussendlich in letzter Konsequenz einflussgebend sind und dazu noch in welchem Mass usw, verlangt nach erkenntnistheoretischer Beschränkung quasi innerhalb der Erkenntnistheorie "Logik".

Diese weitere Beschränkung fällt uns Menschen am einfachsten, wenn wir uns auf die Gegenständlichkeit beziehen/beschränken.

Dies bedeutet, dass wir Realität als etwas Gegenständliches verstehen. Im Bezug auf die Physis hat sich dies bewährt (siehe Kausalitätsprinzip), doch stellt sich die Frage nach der Vollständigkeit, die dynamischen Prozesse zu erfassen. Sprich : ob dies auch der Vollstndigkeit über Wahrheit entspricht.

Denn wenn wir von "Wahrheit" sprechen, so haben wir ja auch stets Anspruch auf Vollständigkeit. So geht es also keineswegs darum, etablierte erkenntnistheoretische Methoden in Frage zu stellen, sondern sie auf Vollständigkeit zu überprüfen.

Alleine dass wir uns diese Fragen stellen müssen, offenbart den menschlichen "Mangel", Wahrheit nicht vollständig erfassen zu können.

Für manche Themen ist all dies von fundamentaler Bedeutung und selbst die Naturwissenschaft muss sich dem in einigen thematischen Grenzbereichen stellen. Zumindest sobald sie Anspruch auf Vollständigkeit in gewissen Fragestellungen erhebt. Im Prinzip alle Disziplinen.

Mulmi hat gesagt…

@ Anonym

Du hast geschrieben:

'Alles in allem bleibt die Frage:
Brauchen wir Menschen Wahrheiten überhaupt?'

Meine Antwort auf diese Frage lautet JA.
Denn: Ohne ein System der Wahrheit, und damit ohne Erkenntnistheorie, wären wir nicht in der Lage abzuschätzen, was für uns gefährlich ist, und was nicht, und wir würden vermutlich unsere Energien in nutzlosen Unternehmungen vergeuden.

Besäße zB ein Gepard über keine 'Richtschnur' was wahr und was eher nicht wahr ist, würde er vielleicht allem nachjagen, das sich bewegt, und würde solcherart, höchwahrscheinlich, innerhalb kürzester Zeit an Entkräftung sterben.

Das Geparden-Beispiel soll zeigen, dass aber nicht nur wir Menschen davon abhängen einschätzen und beurteilen zu können, was wahr ist - sondern auch andere Lebewesen.

Liebe Grüße Mulmi