14.3.08

Das Stanford Prison Experiment – Wie Macht neue Lebensregeln und vor allem neue Moralvostellungen 'erschafft'

"Ein berühmtes Beispiel dafür, welch verhängnisvolle Ergebnisse gruppendynamische Prozesse hervorbringen können, ist das "Stanford Prison Experiment" des US-Psychologen Philip Zimbardo. In seinem Versuch musste der Forscher 1971 auf schmerzliche Weise erfahren, was eine Situation, in der Macht und Unterwerfung willkürlich verteilt werden, aus ganz normalen Menschen machen kann. In der Studie waren 24 Freiwillige entweder zu Gefängniswärtern oder zu Gefangenen erklärt worden. Die Gefangenen wurden von Anfang an gedemütigt, mussten Krankenhaus-Nachthemden und Ketten an den Füßen tragen, wurden nur noch mit Nummern statt mit ihren Namen angesprochen.

Da es für die "Wärter" keine expliziten Regeln gab, entwickelten sie eigene Unterdrückungsmethoden, um die "Gefangenen" gefügig zu machen. So wurden zur Bestrafung Liegestütze angeordnet, den Eingesperrten wurden Decken und Matratzen weggenommen, es gab eine lichtlose Einzelhaft-Zelle."

Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,541023,00.html - 14.3.2008

Das Stanford Prison Experiment, zeigt, meiner Meinung nach, unter anderem auf, dass es, wenn jemand, in und für einen bestimmten Lebensbereich, eine sehr umfassende Machtfülle 'verliehen' wird, in relativ vielen Fällen, zu einer Neuinterpretation, und damit zu einer Umwertung, grundlegender Moralauffassungen kommt.
Ganz nach dem Motto: ' Was gestern noch, als ich weniger Macht auf mich vereinte, moralisch richtig war, gilt heute, da ich umfassende(re) Macht ausübe, nicht mehr, in selber Weise!'

Und dieses Experiment zeigt, meiner Meinung nach, des Weiteren auf, dass viele Menschen – so es ihnen ihre Macht erlaubt - dazu tendieren, einen scheinbar gesetzeslosen, nicht geregelten Lebensbereich, mit eigenen, ihnen genehmen Regeln zu normieren.
Ganz nach dem Motto: 'Wenn es hier (noch) keine Regeln gibt, dann hat sich halt, zumindest hier, alles nach mir zu richten!'

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Für mich stellt sich immer wieder die Frage, sind diese Verhaltensweisen primaten-genetische Atavismen oder ist das ein Versagen der Ethik ?

Mulmi hat gesagt…

@ Anonym

Mit Sicherheit kann ich diese Frage nicht beantworten.
Ich habe allerdings eine Vermutung.
Ich glaube nämlich, dass ein derartiges Verhalten für alle in größeren sozialen Verbänden zusammenlebenden Tiere - so auch den Menschen - typisch ist.
Denn: Der Zusammenhalt und damit das Funktionieren größerer sozialer Verbände (von Tieren) wird wesentlich durch das Vorhandensein sozialer Regeln bestimmt und gewährleistet - und diese sozialen Regeln werden von einzelnen Individuen, innerhalb der Gruppe, festgelegt und aufrechterhalten.

Das Einsetzen und Aufrechterhalten sozialer Regeln ist bzw verleiht eine Machtposition, innerhalb der Gruppe.

Doch geht diese Machtposition - aus welchen Gründen auch immer - verloren, verlieren die bisherigen 'Spielregeln', innerhalb der Gruppe, weitgehend an Bedeutung, und bisher, in der Gruppe, weniger einflussreiche Individuen leben ihre Individualität solange weitgehend zügellos aus, bis sich wieder eine neue, stabile soziale Ordnung etabliert hat.

Oder: Man könnte es vielleicht auch anders formulieren:
Wenn, in einem größeren sozialen Verband, die von einigen wenigen festgesetzte und kontrollierte Ordnung an Bedeutung verliert , tritt regelmäßig - so der soziale Verband weiterbesteht - an ihre Stelle eine neue Ordnung. Und zwar die Ordnung der individuellen Interessen.
'Es zählt nicht mehr das wir, sondern nur noch das, was der Einzelne möchte!'
Jeder (der Starken) versucht seine eigene, individuelle Ordnung dem Anderen aufzuzwingen - und dieser 'Kampf' der individuellen Ordnungen gegeneinander wird solange dauern, bis wieder eine neue, stabile, für den Gesamt-Verband gültige Ordnung besteht.

LG Mulmi